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Meine Ruine

– aus dem Zyklus Angebergedichte

Meine Ruine türmt sich höher als Eure Wolkenkratzer
Und von den höchsten ihrer Spitzen
uriniere ich auf eure Risikoanleihern und Versicherungspolizei

In meiner Ruine steckt mehr Blut, Schweiß und Sperma
als in euren Glitzerfassaden, Einkaufsparadiesen und Bürokomplexen

Meine Ruine ist schöner als Eure geilsten Neubauten
Denn sie ist das Werk jahrelanger, fahrlässiger Zerstörung und undurchdachter Verplanung

Meine Ruine raucht noch immer — ohne Filter
Meine Ruine wird von Star-Architekten kopiert
Und von arabischen Prinzen auf Wüstensand nachgebaut – eins zu eins
Und Disneys Erben planen einen Themenpark nach ihrem Muster

Meine Ruine wird nicht wieder aufgebaut
Sondern überwuchert von den Urwäldern der Zukunft

Meine Ruine ist der zerschmetterte Rest eines Falles,
eines Sturzes aus schwindelerregten Höhen

Meine Ruine ist gezeichnet von den Spuren eines Sturms
Doch jetzt pfeift ein lauer Wind sein Abendlied in den Löchern der Wände

Meine Ruine zeugt von kolossalem Größenwahn
In ihnen stecken die Schrecken einer verlogenen Vergangenheit

In meiner Ruine tummeln sich die Geister der vergangenen Kristallnacht
In meiner Ruine findet ihr mehr Leichen im Keller als am Ground Zero, Manhatten
In meiner Ruine schreien Graffittis von den Wänden: Dieses Dilemma ist eure Schuld!

Säufer pennen ihren Rausch aus, liegen da wie eine Herde gestrandeter Grindwale
Pusten aus dem letzten Loch, ihre wässrigen Augen starren auf ihren letzten Film
Kindersoldaten lernen, blind ihre Kalaschnikow zusammenzubauen
Ratten und anderes Getier zeugen von der Unaufhaltsamkeit der Evolution

Am diesem Skelett einer anderen, einer schlechteren Welt, nagen die Würmer der Jetztzeit.

Meine Ruine hat mich in den Ruin getrieben.

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Der Utopisst

Der Utopisst pisst nicht im Stehen.
Der Utopisst klappt den Deckel hoch, setzt sich, liest eine Zeitung, schreibt ein Manifest, schaut aus dem Fenster und presst und drückt, aber es kommt nichts.

„Was soll ich dieser Welt denn noch hinzufügen?
Noch mehr Kunst? Noch mehr Wissenschaft, mehr Gesellschaften, mehr Utopien?
Wir stehen an einer Schwelle zu einem neuen … jaja, jetzt komm schon.“
Der Utopist drückt, drückt, aber kommt nichts, ein harter Brocken, diese Utopie, die Utopie, die raus will, die raus muss, sie steckt ganz schön fest.
Der Utopist stellt fest:
„Utopien sind die Ausscheidungsprodukte des Leidens am Menschen, am In-Der-Welt-Sein, an dieser ganzen verkackten Situation, in der wir uns alle, ja alle und mit alle meine ich ALLE! befinden.
Auf dem Klo.
Wo ist das Papier?
Vor aller Utopie: Papier muss her.
Utopien existieren zumeist und meist ausschließlich auf Papier.
Ohne Papier keine Utopie. Die meisten Utopien bleiben Papier. Wo ist das Papier?“

Zum Glück hat der Utopist ja noch die Zeitung. Zeitung ist gut für die Verdauung. In der Zeitung stehen Utopien selten. Und wenn nur zwischen den Zeilen. Selbst in Texten über Utopien stehen die Utopien zwischen den Zeilen.
Zu diesem Zeitpunkt schreibt der Utopist seine Gedankalien zwischen die Zeilen der Zeitung. Zwischen Krawalle, Krisen und Katastrophen. Zwischen die Namen und Daten politischer Zombie-Clowns. Zwischen all diesem Schrecken, der ihn davon überzeugt, dass nur die Utopie ihn und uns noch retten kann. Endstation Hoffnung.
Es klopft an die Tür.
Dreimal kurz. Einmal lang. „Ah, Beethovens Fünfte“
So richtigen Sinn machen Utopien erst nach einer gewissen Halbwertszeit, erst dann kann man feststellen, ob sie was wert sind, stellt der Utopist fest, während er seinen Stift fest auf das Papier drückt und arschseits ebenfalls feste presst. Das Darm-Hirn und das Stirn-Hirn in Einklang produktiver Eruption.

Erste Sammlung gängiger Utopoi:
Orwell zum Beispiel, die gute alte Stalin-Orwell.
(Zwischen den Zeilen)
Die Farm der transgenen Tiere. Doppelwhopper plusplusgut.
Nova Gagatlantis, die Zukunft als Scheiterhaufen.
Die Ökokalypse. Die Klimakalypse.
Zum Beispiel dies: The Great Pacific Garbage Patch Woodstock.
Ein Fukushima Benefiz Konzert auf einer schwimmenden Müllhalde im Pazifik.
Alles sehr düster, fast schwarz.

Der Utopist schwimmt an gegen den Tsunami der Umwelt-, Gesellschafts- und Planetenzerstörung. Seine Utopie ist sein Rettungsboot oder sein Surfbrett.

In dieser erdenklich unerträglichen Situation kann nur der Menschen den Menschen aufhalten, ablenken, umlenken.
Wäre das nicht eine erstrebenswerte Utopie: Die Welt ohne uns! Nicht die bessere Welt als Nicht-Ort, sondern die bessere Welt als Nicht-Mensch.
Recht depressiv, diese Utopie, aber pressen muss man, muss die Utopie aus sich herauspressen.
Einatmen.
Ausatmen.
Keine Pressatmung.
Kein Zwang.
Keine Gewalt.
Spüre die Peristaltik.
Einfach – kommen – lassen.

Es klopft. Vier Mal kurz, zwei Mal lang.

„Ah. Killing in the Name of. Rage against the Machine. Das ist richtig! Der Mensch nimmt sich viel zu wichtig. Wer sagt denn, dass Utopien nur für Menschen gemacht sein müssen.
Sollte eine Utopie nicht für alle da sein. Für das wuselnde, gruselnde, wimmelnde, schimmelnde Leben, auch für die Dinge, die Steine, die Roboter, die schwarze Materie.
Tiere sollten mal Utopien entwickeln. Na gut, tun sie ja die ganze Zeit, auf ihre eigene, seltsame Weise, schwer entschlüsselter, weil: dauert länger, so ein evolutionärer Anpassungsprozess. Kein Schnellschuss. Aber ist das Utopie? Ist adaptive Radiator utopisch bzw. utopesk?
Oder heißt es utopoid? Utopoetisch?
Sind Utopisten evolutionäre Mutanten, Abweichler, Kopierfehler?
Sind Utopien nicht banale Anmaßung, teleo-unlogische Schlüsse, blasiertes Geblubbert intellektueller Kacker?
Nichts weiter als Business-Pläne verplanter Endzeitarbeiter?
Unser Plan für den Planet steht und fällt …. ob er auch geht?
Hatte Gott einen Plan? Oder hat sie einfach improvisiert?
Was lernen wir aus Gottes Planspielchen?
Hatten wir jemals einen Plan?
Oder liegt da der Hund begraben, dass nichts von allem je geplant war, weil es nun mal keinen Gott gibt, keinen Weltgeist, kein Eschaton. Alles Bullenscheiße.
Nachdem alle Improvisation zu scheitern droht, dank dem Theorem vom „So-kann-es nicht-weitergehn“, besteht die Möglichkeit der Notwendigkeit eines Plans. Dabei aber immer brav plananalytisch vorgehen.
Wie sieht unsere Neuschöpfung aus?“

Knöchel klopfen öfters, hörbar höchst höflich.
Es könnte von der Tür kommen. Von der Tür nach draußen, jenseits des Dunstkreises. Der Utopisst ist gerade nicht gewillt über die Wirklichkeit außerhalb des Klos nachzudenken. Das Klopfen setzt sich fort. Der sitzende Utopisst seufzt und konzentriert sich wieder auf sein Geschäft.

Fortsetzung Geschäftsplananalyse.
Schritt 1: Chancenabwägung. Gibt es einen Markt für Utopien?
Ist Utopie im 21. Jahrhundert nicht die Utopie, für die Jahrhhunnerte lang geschrieben wurde?
Sind die Leute (draußen vor der Klotür) nicht alle übersättigt von allerorten verwirklichten Utopien? Örtlichen Nicht-Örtchen.

Von außen: Klopfklopf
Von innen: Jaja. Gleich.

„Der Kommunismus in China, wie der Kapitalismus in den USA. Synthese: Kommpitalismus oder Kapitunismus.
Das hegelt mich an. Das heb ich mir für später auf. Nach der Geschichte ist vor der Geschichte. Fuck you, Fukuyama. Alles realisiert sich (wie von selbst). Alles reiht sich ein. In den Stau. Geschichtsstau, Wutstau, Feinstau. Ist somit bereit, überholt zu werden. Runter von der Autobahn, quer durch die Pampa.“

Von außen: Klopfklopf.
Von innen: Jetzt nicht.

Utopien sind nur zwischen den Zeilen. Die Zwischenzeile ist auch eine Utopie, ein Nichtort, eigentlich nimmt man sie ja gar nicht wahr. Und doch, was wäre ein Text ohne sie. Ein schwarzes Blatt voll Druckerschwärze. Malewitsch.
Schwarzseher und Schwarzmagier der Zukunft. Was läutet es ein? Wer lässt sie herein?

Von außen: Ich muss mal, lass mich doch bittebitte rein.
Von innen: NEIN.

Der Utopisst lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Er denkt nach und schreibt weiter.

„In welchem Zusammenhang steht der Utopist zu seiner Zeit? Steht er drüber, steht er neben ihr, steht er mit dem Rücken zur Wand?
Der Utopist steht nicht, wenn er pisst. Er setzt sich. Der Utopist ist gesetzt.
Der Utopist setzt alles auf schwarz, er setzt alles auf die Zukunft.
Anything goes, rien ne va plus.
Utopie ne va plus.
Das Glücksrad des Schicksals liegt in unseren Händen und alle Glücksräder stehen still, wenn mein starker Darm es will. Nichts bewegt sich. Die Peristaltik ist zum Erliegen gekommen. Verdau-Stau. Das ewige Fressen und Scheißen muss ja mal ein Ende haben.
Statt Sitzen oder Stehen, Gehen. Wer geht, scheißt nicht. Utopien gehen nicht. Utopien stehen, sie sitzen. Sie sitzen und werden gesetzt.
Deckel hoch, Setzen, Nachdenken, Rauslassen. Alles auf schwarz. Mitfiebern, Nägelkauen. Die Kugel rollt, das Rad dreht sich. Gegen diese unerträgliche Spannung hilft nur dies: Alles auf schwarz und rot. Das Schwarzrotsehen schafft die Utopie-Bedingungen. Die Möglichkeit der Utopie entsteht mit einer Schwarzsicht, einer Schwarzmalerei des Jetzt. Denn das Jetzt steht. Die Ampel steht auf Rot. Es bewegt sich nicht und deshalb braucht es Utopien, um das jetzt Bestehende wieder in Bewegung zu versetzen. Die Ampel springt auf Grün. Grün sind alle Utopien. Aus grünem Samt der Roulette-Tisch. Die Kugel rollt. Rien ne va plus. Die Einsätze sind gemacht. Die Utopie ist ein Einsatz. Man muss sich entscheiden. Man setzt alles auf eine Möglichkeit. Man spielt und hofft. Hoffentlich habe ich diesmal auf die richtige Utopie gesetzt“,
– nicht wie damals, als er, der Utopist, real existierender Kommunist werden wollte, damals mit 15 aufm Doarf, damals 1989, klarer Mauerfall von Zuspät-ge-komm-unismus.
„Utopien kommen und gehen. Ein einziges Rein & Raus utopischer Gedanken und Stimmungen. Stimmige Utopien sind selten. Unstimmige, eklige, faschissene, staliniedrige, neo-liberalistische Utopien sind häufig. Häufig grausam in die Tat umgesetzt, an irgendeinem verdammten Flecken auf dieser Erde. Also eigentlich Nicht-Utopien, nicht Nicht-Orte. Orte, die besser nicht wären.“

Von außen: Bist du endlich fertig: Ich muss total, totaaaal dringend.
Von innen: Jetzt setz mich nicht so unter Druck, sonst geht gar nichts.

„Hüte mich vor den Utopien der Anderen. Utopien der Anderen kommen mir nicht in den Po. Raus aus dem Anus mit der eigenen Utopie. Jeder brütet seine ganz ihm eigene Utopie aus. Ich will in meiner eigenen Utopie leben. Ich will mich in meiner eigenen Utopie suhlen. Aber wenn das jeder wollte! Oder tut das nicht schon längst jeder? Leben alle anderen in den Utopien anderer. Die, die keine Utopien haben, fressen die Scheiße der anderen. Ein soziales Exkrement-Experiment. Ausscheidungsrate steigen, du musst dich nur entscheiden, in welcher Scheiße du bis zum Hals stecken möchtest.
Ich möchte nicht in den Utopien der Anderen leben.
Aber ich möchte auch nicht, dass alle anderen in meiner Utopie leben.
Also die Frage: Soll ich sie überhaupt raus lassen, meine Utopie?“

Von außen: Geht das nicht schnellaaaaaa? Wie lange dauert das noch?

Der unbeirrbare Utopist sinniert:
„Ich meine, meine Utopie hat es doch schön warum in meinem Darm.
Brauchen wir noch die eine einzige große Utopie für alle?
So wie die Utopie, in der wir jetzt leben. Jetzt. Im Spätkapitalismus.
Nein, können wir eben nicht, im Jetzt leben, weil das Jetzt steht, stecken geblieben ist.
Das Jetzt ist und bleibt immer jetzt und das ist sein Fehler.
Echt jetzt.
Der Kapitalismus ist zu spät, es ist alles zu spät, der Kapitalismus hat es längst überzogen.
Er ist längst ein Zuspätkapitalismus.
Alle Reförmchenspiele, Krisenüberwindungsspiele, Spielterroristen, Spekulationssubjekte umsonst, Ramsch, Triple-D.
Weg damit. Was Neues her.
Das Neue, noch unbenannt, noch unbekannt, noch unerkannt, oftmals beschrieben, erhofft, erträumt, erwartet, gefürchtet, dieses Neue ist schon längst unter und in uns. Wir sind es, um das mal klar zu stellen, dieses Neue. Auch die, die es nicht wahr und auch nicht haben wollen. Und deshalb! quod errat Zirkelschluss:
Wir brauchen Utopien.
Aber: keinen Supermarkt für Utopien. Kauft nicht bei Kapitalisten.
Ein Netzwerk, in dem sich Utopisten aller Länder erheben – nein, setzt euch beim Pissen bitte. Hin. Schon allein den Frauen wegen. Wo bleiben eigentlich die Utopistinnen? Können die bitte mal aufstehen und sich zu Wort melden. Von Utopisstinnen kann man heutzutage ja sowieso mehr erwarten als von Utopissten. Utopissten haben ihr utopisches Feuer verschossen und es ist verpufft.
Du schöne Utopistin, bitte würdest du mich fisten. Schnall den Dildo um und geh mir auf den Grund. Ich schnall’s immer noch nicht.“

Der Utopisst denkt an Anale Stimulanzien, was ihm unangenehm ist, diese Nähe von Theorie, Erotik und Fäkalien, aber ist er nicht vor allem da – Mensch und Wirklichkeit.

Von außen: Härteres Hämmern. Die Tür wird einseitig verprügelt. Mehrere schwere Sachen dagegen geworfen. Es wird: Geflucht, gedroht, gezetert. Es wird bis drei gezählt. Mehrmals.

Der Utopisst lässt sich nicht beirren und schreibt fort:

„Vor aller Utopie kommt die Analyse. Erste Analyse: Das Problem aller bisherigen Utopien sind ihre Verursacher, in der Regel Männer. Männerschweine, Schweinemänner, von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Was wir brauchen, sind weiblich Utopien. Uteropien.
Erste Uteropie: Schluss mit dem Geschlechts-Quatsch.
Von zu viel Sex, wird mir ganz Geschlecht.
Man muss die bestehenden Geschlechterverhältnisse, analysieren, um …. Bullenscheiße.
Ich bin doch kein Student, dass ich mein Leben mit Analyse verschleiße.
Wozu analysieren, was man am eigenen Körper jeden Tag, jede Stunde, in der Sekunde spürt, das brennt, das zwickt, das schlägt einem aufs Gehirn, das bohrt sich in den Darm, das Fressen, die Scheiße, die Gesellschaft. Die alte Fickmaschine.“

Von außen: (erschöpft, schwer atmend, aber neugierig) Sag mal, warum dauert das so lange? Wedelst du dir einen von der Palme?

Neue Zeile, neues Glück. Der Utopisst wagt einen weiteren Anlauf.
„Eine Palme mit großen Nüssen vor hellblauem Himmel. Weißes Meer, türkiser Strand. Eine Insel. Die letzte Instant-Utopie. Marlon Brando, Paul Gauguin, Michel Houellebecq, all die Insulaner, diese Schweinemänner wussten Bescheid.
Flucht nach Tuvalu!
Ich schau zu, wie das Meer immer mehr wird.
Unsere selbsterdachte Utopie wird von unserer selbstgemachten Dystopie eingeholt, überholt und nass gemacht. Ein kleiner Wettlauf gegen uns selbst? Die Erneuerung der Gesellschaft oder die Zerstörung der Welt? The winner takes it all ….
Da bleibt die letzte Utopie … ins All.
Rette sich, wer es bezahlen kann.
Jetzt kommt es raus, langsam und allmählich wurde es auch Zeit. Und dieses Gelärme vor der Tür. Das hat es aber einer nötig. Habe bald kein Papier mehr, alles schon vollgeschrieben, alle Zwischenzeilen inzwischen gefüllt. Malle Witsch. Gerade jetzt, wo es flutscht. Das ist ja wieder Typitsch.
Zentimeter um Zentimeter, Einleitung der analen Phase, Umpolung, die Achse Hirn – After erzeugt
Entspannungsphasenumpolung.
Jetzt kommt der traurige Elefant.
Achtung, Porzellanschüsselladen, kannst dich auf eine geballte Ladung gefasst machen.
Jeder soll was davon haben.
Alles für die Gesellschaft. Und Gesellschaft für alle.
Alle Gesellschaft basiert auf Ausscheidungsproduktivkräften. Ich lass mir meine Scheiße nicht enteignen. Keine Bevorzugung, keine Gated Community, keine Goldklosetts und Brilliant-Bidets. Die Reichen bezahlen die Armen fürs Armsein. Die Armen bemitleiden die Reichen um ihren Reichtum. Wir müssen alle mal aufs Klo.
Dann müssen wir alle auch mal ins Weltall.
All für Alle.
Pauschal-Reisen mit Schallgeschwindigkeit. All inklusive.
Der nächste Planet, bitte.

Bitte hinterlassen Sie die Toilette so, wie Sie sie vorzufinden wünschen.

Von außen: Wimmern, Verzweiflung, leises Schluchzen von der anderen Seite der Tür.
Klägliches Verebben schwachen Klopfens.

„Wie man sich auch wendet, was man auch versucht, unter größten Mühen, vorsichtig, ausdauernd, geduldig, beim Versuch, die Utopie voran zu bringen, sie zu verwirklichen, im Hier, im Jetzt – am Ende kommt immer Scheiße raus.
Aber was ist Scheiße?
Scheiße lebt und klebt. Ein Kettenglied im großen Kreislauf des Werdens und Vergehens. Aber auch zivilisatorische Kraft. Motor urbaner Organisation. Die Fäkalien brachten die Kanalisation hervor, Rohre, Leitungen, künstliche Flüsse über gigantische Strecken. Ein verzweigtes Netz. Ist Kanalisation nicht ein Vorbild für alle künftigen Netzwerke? Das erste große Abführ-Medium der modernen Welt.
Das Netzwerk ist die Schwarze Materie der Menschheit. Was alle zusammenhält. Wir sitzen an und auf den Schnittstellen, den Hörmuscheln, den Bildschirmen, den Kloschüsseln. Das Netzwerk, in sich und uns, ist, ob Kabel, Gulli oder Welle, unsichtbar, undurchschaubar, schwarz. Man muss wieder schwarzsehen können dürfen. Schwarz kann man gar nicht sehen, sondern nur nicht-sehen. Wieder so eine negative Position. Die Menge an Positionen, die man beim Sitzen auf dem Klo einnehmen kann, ist begrenzt. Diese Grenzen müssen gesprengt werden. Das ist klotopisch.
Neueste Klotopie: Vielleicht müssen wir das Scheißen abschaffen.
Das wäre eine Aufgabe, die sich gewaschen hat.
Wir perfektionieren unseren Magen-Darmtrakt, so dass sämtliche zugeführten Stoffe restlos verarbeitet, recycelt, wiederverwertet werden. Und zwar innerhalb des Körpers. Mit Nanomaschinen. Energieeffizienz auf höchstem Niveau.
Gut, wahrscheinlich würden wir irgendwann vor lauter Bakterien platzen, aber die könnte man in die Verwertung mit einbeziehen. Dann müsste man sich auch nicht mehr den Anus spülen, wenn man mal mit einem Mann oder einer Frau mit Umschnalldildo Sex hat. Hätte man dann überhaupt noch einen Anus? Wäre das ein Verlust?“

Wieder driften die Gedanken des Utopissten ab in Richtung Analerotik. Rein oder raus, an der Schwelle fällt die Entscheidung schwer. Aber eine weitere peristaltische Erschütterung führt ihn zurück zur Utopie, einer Welt ohne Scheiße.

„Aber wenn dies wirklich wäre, wo bekommt man dann die tollen Ideen für Utopien her, wenn nicht auf dem Klo, bei einer meditativen Sitzung.
Aber, naja, wenn die Utopie erst einmal verwirklicht ist, dann braucht man auch keine weiteren Utopien mehr, oder? Zielt nicht jede Utopie auf einen Zustand, in dem Utopien nicht mehr benötigt werden? Ist es nicht ein Utopie-internes Paradox, dass die Utopie auf die Verwirklichung eines Zustands abzielt, der ihre eigene Abschaffung als Gattung zur Folge hätte? Und wenn sie dies nicht täte, müsst sie dann nicht in letzter Konsequenz eine Utopie erdenken, die qua ihrer Imperfektion sofort neue Utopien hervorbrächte? Und wären wir dann nicht wieder genau da, wo wir begannen, im Jetzt. Im Hier. Auf dem Klo?
Ist das nicht das Problem, dass diese Persönlichkeits-Profile, die sich Menschen nennen, draußen vor den Fernsehern und in ihren sozialen Netzwerken, sich längst in dieser Jetzt-Utopie eingenistet haben und gar nicht mehr daran denken, utopisch zu denken, weil überflüssig, weil längst überholt und links liegen gelassen.

Und liegt vielleicht darin der Grund, dass es Utopien so schwer haben, weil man selbst vielleicht guten Willens ist, an diese Utopie zu glauben, die Anderen aber sofort ihre Schwächen und Fehler sehen, so wie man auch sofort sieht, wenn das Kind von irgendwelchen Passanten hässlich aussieht oder einen Genfehler hat oder einen grässlichen Charakter, also irgendwie immer kaputt ist, was die Eltern aber niemals zugeben würden, außer sie wären Riesenarschlöcher.

Der Utopisst denkt, dass das jetzt gut ist. Er ist fertig.
Ausgekackt.
Jetzt denkt er an Weiterverwertung.
Er denkt:
„Ich muss das irgendwie rausbringen.
Ich muss der Menschheit meine Erkenntnisse mitteilen.“

Von innen: He, bist du noch da?
Von außen: (verheult, resigniert, erschöpft) Ja?
Von innen: Ich wäre dann so weit, äh…
Von außen: (Hoffnung schöpfend) Jaaa?
Von innen: Ja. Nur … es fehlt mir hier an Papier. Besorg mir doch ein paar Lagen. Schieb sie mir unter der Tür durch, ja. Sei so lieb.
Von außen: ——
Von innen: Machst du das jetzt?
Von außen: —–
Von innen: Hallo?

Der Utopisst sitzt. Auf seinem Schoß: die Zeitung. Jede Zeile zwischenzeitlich vollgekritzelt.
Noch immer hat ihm niemand Papier gebracht. Der Utopisst ist sich sicher,
„Ich kann das jetzt nicht alles für mein Hinterteil benutzen, jetzt habe ich ja alles vollgeschrieben. Aber es bleibt mir nichts anderes übrig. Die Zwänge der Gesellschaft lassen mir keine andere Wahl.“

Und schon wieder wird eine Utopie mit Kot beschmiert und das Klo hinuntergespült.
Der Utopisst erhebt sich, kleidet sich umständlich vollständig an, benutzt die Klobürste, um die letzten Reste seines Exkrement-Exzerpts zu entfernen, wäscht sie die Pfoten, sogar unter Verwendung von Seife und wirft einen letzten Blick zur Schüssel.

„Tschüss, Utopie. Man sieht sich dann, in einer besseren Welt. An einem anderen Ort. Oder nicht?“

Epilog unter Vorwand:
Der Utopisst öffnet die Tür ins Freie, atmet die frische Luft, ist erleichtert.
Ein schön geworfener Kothaufen explodiert in seinem Gesicht.

Darmstadt, 12. August 2011

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Panda-Porno-Poeme

Panda-Porno-Poem (Gekürzte Fassung)

Chinesische Forscher wollen, dass auf unser Erden
Die Pandas vom Aussterben abgehalten werden.
Nur zu diesem Ziel, den Zweck in allen Ehren,
Müssen die Biester sich erst mal vermehren!
Und das ist durchaus ein großes Problem,
Denn Große Pandas sind furchtbar bequem.
Diese kleinen dicken Bärchen
Sind lieber einzeln als im Pärchen
Und so dauert es oft länger,
Bis so ne Panda-Braut wird schwänger

Nun denkt sich Mensch, der Bär ist wie wir
Nach unserer Erketnntnis ein Säugetier
Und im Grunde seiner Triebstruktur
Geht’s ihm ums Fressen und Ficken nur
Drum wollen wir diesen faulen Tieren
Pornos zeigen, die sie animieren,
ihre Hemmungen zu verlieren
und endlich ihren seltenen Samen
entleeren, am besten in Panda-Damen

So karren die Wärter vor den Panda-Käfig
Bildschirme. Die Bären interessiert das mäßg
Die Bilder flimmern in 16:9:
Pandasex in allen Stellunge(u)n.
Die Filme (in Farbe), erregt die Bären (schwarz-weiß)
jedoch nicht die Bohne, es macht sie nicht einmal heiß!
Gemächlich weiter an ihrem Bambus mampfen,
Anstatt ums bepelzte Überleben zu kampfen?
„Du fauler Bär, ich denk, dass Du es wohl gern hättest
Hieße Darwins Leitspruch: Survival of the Fattest.“

In der Ecke einer Zuchtstation
Vor einem Berg Bambusration
Brummt ein alter Panda-Bär:
„Wie schön es doch wär’
Ließen uns diese Chinesen
Doch einfach still und leis’ verwesen …
Tag für Tag soll ich nun poppen,
Um unser Austerben zu stoppen.
Dabei ist es um unsere Art –
Seien wir ehrlich – nicht wirklich schad’ …
Wir sind unnütz, faul und verfressen ….
Ganz sicher wären wir schnell vergessen ….
Fortan nähme der World Wildlife Fund
als neues Logo den …äh… See-Elefant ….
oder den Eisbär, den kalten Vetter,
der findet sicher auch bald seine Retter,
die ihn zum Überleben zwingen
ich frag’ mich nur, was soll das bringen?
Lasst uns doch in Frieden scheiden
Nicht länger unter eurer Obhut leiden.
Lasst uns doch einfach vom Erdrund verpissen
Ihr pflegt uns doch nur aus schlechtem Gewissen“


Pandas im Fortpflanzungsstreik

Da wir Menschen mit den anderen Tieren
Schon seit Jahren so verfahren,
dass wir nach Herzenslust sie dezimieren,
Möchte ich den letzten Arten,
das eine oder andere raten.
Den ersten Rat – ich kann nicht anders
Kriegen von mir die Großen Pandas

Chinesische Forschern wollen, dass auf unser Erden
Die Pandas vom Aussterben abgehalten werden
Nur zu diesem Ziel, der Zweck in allen Ehren,
Müssen die Biester sich erst mal vermehren
Und das ist durchaus ein großes Problem
Denn so ein Panda ist furchtbar bequem
Diese kleinen dicken Bärchen
Sind lieber einzeln als im Pärchen
Und so dauert es oft länger
Bis so ne Panda-Braut wird schwänger
Wo Menschenskind sich müht und plagt
Da wird bei Pandas gern vertagt,
am Bambusrohr verzückt genagt,
und selten oder nie geklagt
sie sind die letzten ihrer Art
und kommen trotzdem nicht in Fahrt.

So denkt der Mensch, der Bär ist wie wir
wahrscheinlich auch ein Säugetier
Und im Grunde seiner Triebstruktur
Geht’s auch ihm ums Fressen und Ficken nur
Drum wollen wir diesen faulen Tieren
Pornos zeigen, um sie zu animieren
Damit sie Hemmungen verlieren
und endlich ihren seltenen Samen
entleeren, am besten in Panda-Damen
Sie müssen ja nicht mal den Arsch hoch kriegen
Bär kann ja auch beim sich-lieben liegen.

So karren die Wärter vor den Panda-Käfig
Bildschirme, die Bären interessiert das mäßg
Die Bilder flimmern in 16:9
Pandasex in allen Stellunge(u)n
Die Bilder in Farbe, erregt die Bären schwarz-weiß
Recht wenig, es macht sie gar nicht heiß
Gemächlich weiter an ihrem Bambus mampfen
Anstatt ums bepelzte Überleben kampfen
Du fauler Bär, ich denk, dass Du es wohl gern hättest
Hieße Darwins Leitspruch Survival of the Fattest

In der Ecke einer Zuchtstation
Vor einem Berg Bambusration
Denkt ein alter Panda-Bär:
„Wie schön es doch wär
Ließen uns diese Chinesen
Doch einfach still und leis’ verwesen
Tag für Tag soll ich nun poppen
Um unser Austerben zu stoppen
Dabei ist es um unsere Art
Seien wir ehrlich – nicht wirklich schad’
Wir sind unnütz, faul und verfressen
Ganz sicher wären wir schnell vergessen
Auch ohne die Dinosaurier
Ist’s auf der Welt nicht trauriger
Fortan nähme der World Wildlife Fund
als neues Logo den …äh… See-Elefant
oder den Eisbär, den kalten Vetter
der findet sicher auch bald seine Retter
die ihn zum Überleben zwingen
ich frage mich nur, was soll das bringen?
Lasst uns doch in Frieden scheiden
Nicht länger unter eurer Obhut leiden.
Lasst uns doch einfach vom Erdrund verpissen
Ihr pflegt uns doch nur aus schlechtem Gewissen“

Denn so hat der Panda-Bär gedacht:
„ich hab da seit langem so einen Verdacht
Dass der Mensch, der sich für Schöpfungskrone hält,
Sich aufführt, als gehört ihm allein unsere Welt
Der Lebensraum wird einfach ungemütlich
Drum sach ich, Pandas, ich verzieh mich,
lasst euch nur weiter in Zoos verwahren
dort müsst ihr euch zwangsweise paaren
Für mich hat sich’s schon längst gezeigt
Dass es die Evolution vergeigt
Wenn sie aus Affen Menschen macht
Wir sehen ja wer als Letzter lacht“

Nach diesem Lamento tritt der alte Pandabär
ins Freigehege und erschrickt sich sehr
alle Bären fallen übereinander her
Aussterben wird verschoben aufs Morgige
Heute feiern die Pandas eine Orgie

Nach der Melodie von „Die Affenrasen durch den Wald“

Der Pandapappa konsequent
wird fortan PornoProduzent

Die ganze Pandabande brüllt:
Wir wollen Pornos sehen
Wir wollen pornos sehen
Poppen Und nicht aussterbeen

Das Pandamädchen trägt Wonderbra
Dann wird es bald ein Pornostar

Refreng

Die Pandamama wird Domina
Mit Lederpeitsche und Tanga

Refreng

Der Pandaopa holt sich munter
einen nach dem andern runter

Refreng

Der Pandaonkel auf Viagra
Spritzt seinen Samen wie Niagra

Refreng

Das Pandababy Tsai Tschu Chen
Freut sich auf die Geschwisterchen

Die ganze Pandabande brüllt:
Wir wollen Pornos sehen
Wir wollen pornos sehen
Und nicht mehr aussterbeen
Der Panda-Misantroph

Wir wollen doch aussterben, warum lasst ihr uns denn nicht? Wir Pandas haben schließlich lange genug auf diesem Planeten gelebt, dann kommt ihr, macht unseren Lebensraum kaputt, sperrt uns in Käfige und erwartete dann auch noch, dass wir in diese bambuslose Welt Kinder setzen? Sagt mal, wie panne, seid ihr denn? Habt ihr den gar keinen Anstand? Und dann wollt ihr uns auch noch durch Pornos dazu bringen, als ob es nur um Sex, Sex, Sex ginge?
Doch wir machen da nicht mit. Wir verweigern uns. Wir wollen aussterben. Basta.

Keinen schert der JangtseJangFlussdelphin
Die letzten jahre machte er sich ja auch rar
War erst selten, dann seltener, jetzt ist er nicht mehr da